REIFUNG & LAGERUNG

„Ein Fass ist ein Geniestreich, da muss was Gutes rein.“
Alfons Bächle, Küchenmeister und Essigbrauer

Warum Essig im Barrique lagern? Die Frage lässt sich einfach beantworten: Weil Holz ein Naturprodukt ist und weil es für Essig – dito Naturprodukt – nichts Besseres gibt! Durch das Holz gelangt Sauerstoff in die Flüssigkeit, ohne den die Essigbakterien nicht ihre wunderbare Arbeit vollbringen könnten.

Die großen Weinzentren machen es schon lange vor, dass Fässer nicht nur ein praktischer Gewinn sind (transportierbar, stapelbar, solide), sondern auch aromatisch was hergeben. In Burgund und Bordeaux fand man heraus, dass nicht nur die Baumart etwas übers Aroma aussagt, sondern auch die Herkunft – ob nun Périgord, Limousin oder Vogesen.

Auch Bäume haben ein Terroir, das in der Zellstruktur eingelagert wird und als aromatische Substanz in den Essig übergeht, wenn der Essig im Holz liegt. Was hier aus dem Gewebe, den Markstrahlen, in die Flüssigkeit strömt, gibt dem Essig Aromen, wie die nach Vanille schmeckenden Gerbstoffe, bewirkt aber auch eine Verwandlung. Der Essig wird reicher und voller, runder und reifer.

Ein weiterer Aroma-Faktor ist das Toasting, also das Einbrennen vom Küfer, um das Holz geschmeidig und biegbar zu machen. Das verändert die Stofflichkeit des Naturprodukts Holz, als Nebeneffekt entstehen aromatisch wirksame Substanzen, ohne die auch große Weine undenkbar wären. Je stärker das Toasting, desto stärker die Aromatik. Kellermeister und Essigbrauer wissen, dass Barrique eine hohe Kunst ist.

Wie beim Wein ist die Reifung im Barrique ein langer Prozess. Jahre können so ins Land gehen. Während Weinmacher einen kühlen und dunklen Ort für ihr Produkt brauchen, den Weinkeller, stehen dem Essigbrauer ganz andere Möglichkeiten offen. Im luftigen Hochfasslager sind die Essige den Temperaturunterschieden im Jahreskreislauf ausgesetzt, dabei verdunstet ein Teil der Flüssigkeit. Im Bordelais spricht man vom „Anteil der Engel“ (die auch etwas davon haben wollen), hier im Badischen sagt man Reduktion, ein Nebeneffekt der Verwandlung zur Delikatesse. Das ohnehin schon dichte Aroma wird durch die Verdunstung noch konzentrierter.

 

 

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